lebenskraft Chemotherapie macht Krebs sichtbar

Und plötzlich wird die Krankheit sichtbar

is zu meiner zweiten Chemo, sah mir niemand die Krankheit an.

Selbst als ich nach der OP mit meinem Herzkissen unterm Arm mit Freundinnen im Cafe saß, wurde ich gefragt ob ich mich beim Sport an der Schulter verletzt hätte. Ich war jung, sah gesund und fit aus und eben nicht sterbenskrank.

Bis dahin konnte ich (wenn ich nicht wollte) den Krebs außen vor lassen. Mit dem Verlust der Haare und dem Cortison-Mond-Gesicht wurde es dann allerdings anders.

Plötzlich sah man mir an, dass ich krank war.

Leider habe ich häufig die Erfahrung gemacht, dass andere Menschen darüber völlig entsetzt waren und ich das Gefühl hatte, ich müsste stark sein und auch sie noch trösten oder doch bitte erst gar nicht mit meiner Diagnose belasten.

Mir ist schon klar, dass die meisten Menschen geschockt sind und nicht wissen, wie sie damit umgehen sollen.

Aber mir hat am meisten geholfen, wenn das auch offen kommuniziert wurde.

Ein ehrliches: „Shit, ich weiß jetzt auch nicht wie ich damit umgehen soll, wie kann ich dich unterstützen?“ hat mir viel bedeutet, selbst wenn ich nicht wusste, welche Unterstützung ich gerade benötige.

Dahingegen waren verzweifelte Versuche die Situation zu retten einfach nur Katastrophe und Aussagen wie: „Ach ja, die Nachbarin der Schwestern meines Schwagers hatte das ja auch, das wird schon wieder.“ Oder: „Zum Glück ist es nur Brustkrebs, daran stirbt ja heute niemand mehr“ sind weder wahr noch hilfreich.

Ich bin sehr offen mit meiner Diagnose umgegangen. Ich habe darüber gesprochen, habe auch meine Ängste und meine schwachen Momente gezeigt, das hat mir am Ende einige Menschen aus meinem nahen Umfeld gekostet.

Aber ich habe dabei gelernt NEIN zu sagen und so schlimm die Verluste im ersten Moment für mich waren, so sehr haben sie mich zurück zu mir selbst gebracht.

Denn jedes Nein war am Ende ein JA zu mir selbst. Ich habe dadurch gelernt, meine Bedürfnisse zu erkennen und respektieren. Die Menschen, die es wert waren sind in meinem Leben geblieben und einige sind auch neu dazu gekommen.

Es war ein Aussortieren meines Umfelds und heute bin ich sehr froh darüber.